Ich arbeite hauptsächlich mit Fundstücken. Relikte aus einer Zeit, in der die Uhren noch langsamer tickten. Eine Zeit, in der Menschen anders lebten als heute. Bewusster? Auf jeden Fall langsamer! Mit dem Lauf der Natur. Es wurde früh aufgestanden und wenn es dunkel war ins Bett gegangen. Licht war Luxus.

Auf meinen Fundstücken sind die Spuren der Zeit zu finden. Spuren des Menschen oder der Natur selbst. Ein Dokumentation der Vergänglichkeit und dennoch des ewigen Bestandes. Ich bin auf der Suche nach den Spuren des Menschen! Immer seltener sind sie auf den Erzeugnissen unserer hochtechnisierten Produktionsmaschinerie zu finden!

Alles wird präzise von Maschinen, deren Toleranzgrenzen bei plus/minus Null liegen, hergestellt. Je genauer umso perfekter, denkt der Maschinenbauer. Kein Platz für Fehler, kein Raum für Ungenauigkeiten! Perfekt und von höchster Qualität, ja! Aber auch tot.

Mir fehlt die Lebendigkeit, ein gewisses Maß an Unvollkommenheit, dass ein Werkstück zum Leben erweckt und es „menschlich“ macht!

Die Spur eines Schmiedehammers, die Rillen eines Schnitzeisens, die Sägespur einer Handsäge, der Fehlschlag eines Hammers! Einfache Zeugnisse eines Menschen. Ein Mensch, der ein Leben hatte, eine Geschichte, die er uns in kleinen Teilen in seinen Werkstücken als Vermächtnis hinterlässt! Danach suche ich! Nach dem Vermächtnis anonymer Handwerker.

Die Bedeutung des Wortes Handwerk hat für mich im Laufe meiner beruflichen Entwicklung an Wert gewonnen. Handwerk! Mit der Hand werken. Etwas mit eigenen Händen erschaffen! Ein Privileg! Wer darf das noch? Kaum jemand mehr ist an einem Produktionsprozess vom Entwurf bis zur Fertigung beteiligt. In zunehmendem Maße wird bei uns mehr und mehr virtuell geplant und maschinell gefertigt. Die Sinne gehen dabei verloren. Die Finger bekommen nichts zu spüren. Wir dürfen die Welt nicht mehr „begreifen“. Die Nase erlebt keine Düfte sondern Gestank. Die Augen und Ohren hingegen werden überflutet durch unzählige Reize, die wir schon gar nicht mehr verarbeiten können! Mit meiner Arbeit bin ich unbewusst zum „Restaurator“ geworden!

Ich versuche diese Fundstücke, die unbeachtet in Kellern und Schuppen lagern, wiederzubeleben. (RENASCOR kommt aus dem lateinischen und bedeutet „wieder belebt werden“…)

Ich rette Dinge, die ihren Wert verloren haben und nicht mehr benötigt werden, vor dem Sperrmüll oder der Schrottpresse. Ich hauche ihnen neues Leben ein. Ich will sie aus ihrer Vergänglichkeit reißen und bewahren. Ich versuche ihnen den nötigen Respekt zukommen zu lassen. Teils durch eine neue Funktion, teils einfach nur durch ihre Präsentation.

Was mich immer wieder überrascht, ist die Schönheit der einfachen Dinge!

Ein Hammer mit dem vielleicht hunderttausende Male auf ein Metall geschlagen wurde, der sich durch die Vielzahl der Wiederholungen verformt und immer wieder neu gebildet hat. Wer hat ihn benutzt? Was hat dieser Mensch gefertigt? Was hat er sich bei seinen unzähligen Schlägen gedacht? Dieser Hammer steckt voll Leben. Es ist fast so, als hätte er die Energie seines Besitzers aufgenommen und kann sie uns weitergeben. Oder ein Brett, das jahrelang durch Bäche und Flüsse gespült wurde. Irgendwann einmal wurde es von einem Handwerker bearbeitet und war für die Funktion eines Werkzeuges oder Gebäudes unbedingt notwendig. Der Mensch, aber auch die Gewalten des Wassers, haben seine Spuren auf ihm hinterlassen. Mir ist es ein Bedürfnis geworden diese „Zeitzeugen“ zu bewahren. Ich will unsere Sinne für die einfachen Dinge schärfen. Ich möchte unseren Respekt vor der handwerklichen Fähigkeit unserer Vorfahren wecken.

Unsere Welt ist hochtechnologisiert. Sie sitzen gerade an einem PC und können von irgendwo auf der Welt meine „Gedanken“ lesen. Auch ich benutze diese Technologie. Man kann sich ihr nur mehr sehr schwer entziehen. Aber vergessen wir nicht, dass die Welt auch noch viel einfachere Dinge zu bieten hat!

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